Juf, die Fahrt zur höchstgelegenen Alpensiedlung der Schweiz

Andeer-avers-cresta-juf

Juf, die höchstgelegene Alpensiedlung der Schweiz und wenn nicht sogar von Europa. Und es fährt sogar acht mal am Tag ein PostAuto in einen der hintersten Zipfel unseres Landes. Dabei wartet eine malerische Reise durch eine vollkommen unberührte Bergwelt auf die Fahrgäste. 

Zahlreiche Wintersportler warten in Andeer Heilbad auf den einfahrenden IVECO Crossway
Zahlreiche Wintersportler warten in Andeer Heilbad auf den einfahrenden IVECO Crossway

90.552, Andeer-Avers-Juf

Ausgangspunkt dieser äusserst sehenswerten Linie, die so ziemlich ans Ende der Welt führt, ist Andeer. Der Bau von Fahrstrassen über den Splügen- und San Bernardinopass brachte der Ortschaft um 1820 viele Einnahmen und einen grossen Aufschwung. Die Eröffnung des Simplon- und Gotthard Eisenbahntunnels einige Jahre später führte dann zum Niedergang des Gütertransportes. Heute ist Andeer mit seinen rund 900 Einwohnern, nicht zuletzt wegen seines Mineralbads, ein wichtiger Tourismusort in der Region.  

Gleich nach der Abfahrt führt die Reise unter dem Torbogen Hotel Fravi hundurch
Gleich nach der Abfahrt führt die Reise unter dem Torbogen Hotel Fravi hundurch

Gleich vor dem Heilbad beginnt dann auch diese eindrückliche PostAuto-Linie. Der Fahrplan sieht ganzjährig stolze neun Verbindungen am Tag ins abgeschiedene Val Avers vor. Sobald der Anschluss von der San Bernadino Linie (90.171, Chur-S.Bernadino-Bellinzona) abgenommen wurde, kann die knapp einstündige Reise beginnen. Gleich zu Beginn führt die Reise unter dem Torbogen des altehrwürdigen Hotels Fravi hindurch. Seit bald 200 Jahren empfängt das Bade- Kur- und Ferienhotel Gäste aus aller Welt. Das PostAuto kämpft sich derweil durch die engen Häuserreihen zum eigentlichen Ortskern.

Bei der Post trifft der von Juf herkommende SETRA auf den IVECO
Bei der Post trifft der von Juf herkommende SETRA auf den IVECO

Neben der Post befindet sich hier auch ein Lebensmittelgeschäft, eine Bäckerei, Käserei und Metzgerei sowie einige Hotels und Restaurants. Hier startet zudem die Linie 551 nach Wergenstein, die ebenfalls durch PU Mark Andeer betrieben wird. Nachdem das PostAuto den engen Dorfkern hinter sich gelassen hat, führt die Fahrt auf der zweispurigen Hauptstrasse zum Hotel Rofflaschlucht hinauf. Vom Gasthaus aus, kann man in den Sommermonaten über eine Felsengalerie in die eindrückliche Rofflaschlucht eintauchen. Der krönende Abschluss bildet ein imposanter Wasserfall. 

Auf der schneebedeckten Strasse geht es durch das Ferreratal
Auf der schneebedeckten Strasse geht es durch das Ferreratal

Zurück zur Reise. Kurze Zeit später biegt das gelbe Fahrzeug der Post ins Ferreratal ein. Die schmale Strasse schlängelt sich nun ganze 24,5 Kilometer ins Tal hinein bis ins rund 1000 Meter höherliegende Juf. Das war aber lange Zeit nicht so, denn das Val Avers war das aller letzte Tal im Kanton Graubünden, welches im Jahre 1895 mit einer Fahrstrasse ausgestattet wurde. Mit der Erschliessung endeten die beschwerlichen Einkaufsmärsche, welche die Bewohner bis ins Italienische  Chiavenna führten. Die heutige Strasse schmiegt sich oberhalb des Averser Rheins taleinwärts.

Der Irisbus hat soeben Ausserferrera hinter sich gelassen und kurvt nun nach Andeer hinunter
Der Irisbus hat soeben Ausserferrera hinter sich gelassen und kurvt nun nach Andeer hinunter

Nach gut 10 Minuten erreicht der Linienbus die erste Ortschaft im Ferreratal, Ausserferrera. Um den engen Dorfkern zu entlasten, wurde hier sogar eine Umfahrungsstrasse realisiert. Trotzdem nimmt das PostAuto, wie in so einigen anderen Bergdörfern in der Schweiz, den beschwerlichen Weg durch die Ortschaft hindurch. Und auch hier bleibt einmalmehr nicht mehr viel Platz zwischen Rückspiegel und Hauswand. Zurück auf der Hauptstrasse geht die Fahrt immer weiter das Tal hinauf bis ins Nachbarsdorf Innerferrera. Neben dem Ausflugsverkehr ist die Linie für die rund 250 Einwohner, 

Der IVECO Crossway schlängelt sich durch den Weiler Cröt
Der IVECO Crossway schlängelt sich durch den Weiler Cröt

welche das Tal das ganze Jahr über bevölkern, existenziell. Kurze Zeit später erreicht man die Strassenbrücke Punt di Valle di Lei. Diese überspannt nicht nur das gleichnamige Tal sondern verläuft exakt auf der Staatsgrenze zu Italien. Das Fahrzeug der Post bleibt aber der Eidgenossenschaft treu und schlägt den Weg ins schweizerische Val Avers, wo wenig später der Weiler Cröt erreicht wird. Die Linie 522 nach Juf bildet das Aushängeschild vom PostAuto-Halter Gaudenz mit Sitz in Andeer. Neben den fünf modernen Linienbusse zählt der Traditionsbetrieb auch noch vier nostalgische PostAutos zur Flotte.

Ein HESS Bergbus unterwegs im winterlichen Val Avers
Ein HESS Bergbus unterwegs im winterlichen Val Avers

Mit den Oldtimers werden regelmässige Ausflugsfahrten durch die ganze Schweiz angeboten (posta-classica.ch). Nach dem der Bus den kleinen Weiler hinter sich gelassen hat, wird die Strasse eng und schmal. Mit einigen Haarnadelkurven schlängelt sich die Route auf das Höhenplateau von Avers hinauf. Dabei kommt natürlich auch das Posthorn regelmässig zum Einsatz. Das einsame Tal an einem der hintersten Zipfel der Schweiz wird täglich, das ganze Jahr von beachtlichen acht Kurspaaren erschlossen. Neben der Anschliessung des Tales an den öffentliche Verkehr

Ein inzwischen ausrangierter SETRA 412 UL bei der Dorfeinfahrt von Cresta
Ein inzwischen ausrangierter SETRA 412 UL bei der Dorfeinfahrt von Cresta

übernimmt das PostAuto auch die Funktion des Schulbusses und trägt erheblich zum Tourismus in der Region bei. Nach rund 30 Minuten Fahrzeit ist der Hauptort des Tales in Sicht, Avers, Cresta. Bis hierhin wird die relativ gut ausgebaute Strasse im Winter auch meistens schwarz geräumt. Nebst einem gepflegten Hotel und Restaurant gibt es hier auch einen Dorfladen und sogar eine Tankstelle. Avers ist übrigens eine deutschsprachige Insel im ursprünglich rätoromanischen Sprachgebiet. Die zum Teil fremd anmutenden Ortsnamen stammen alle noch von den Walsern, 

Avers Cresta bildet das Zentrum des Seitentals
Avers Cresta bildet das Zentrum des Seitentals

die das Tal einmal besiedelten. Vorbei an der unter Denkmalschutz stehenden reformierten Dorfkirche, auch als Edelweisskirche bekannt, lässt das PostAuto die Ortschaft hinter sich und nimmt die letzte Etappe der Reise in Angriff. Die Bergstrasse auf dem letzten Abschnitt nach Juf wird im Winter in der Regel nicht mehr schwarz geräumt. Doch das ist für die Bergbusse mit ihren erfahrenen Chauffeuren kein Problem. Während am Fenster die malerische Szenerie des naturbelassenen Hochtals vorbeizieht, gewinnt die Strasse weiter an Höhe. 

Das PostAuto ist unterwegs zwischen den Weilern Prüt und am Bach
Das PostAuto ist unterwegs zwischen den Weilern Prüt und am Bach

Vorbei an den schmucken kleinen Weilern Pürt und am Bach gelangt der Linienbus nach Juppa. Hier befinden sich einige Ferienhäuser sowie zwei Hotels. Im Sommer lädt der Murmeltierpfad zu einer kurzen Erlebniswanderung ein, während im Winter das kleinen Skigebiet mit drei Skiliften die Wintersportler erfreut. Mit einer Länge von 1,5 Kilometern und stolzen 550 Höhenmetern gehört der Bügellift am Tscheischhorn wohl zu den anspruchsvollsten der Schweiz. Weiter ist Juppa auch Ausgangspunkt der weitläufigen Langlaufstrecke, die mitten durch die imposante Bergwelt führt.

Bei malerischen Wetter macht sich der IVECO Bus auf den Rückweg - im Hintergrund ist Juf zu erkennnen
Bei malerischen Wetter macht sich der IVECO Bus auf den Rückweg - im Hintergrund ist Juf zu erkennnen

Nachdem das Podestats Haus passiert wurde, ist das Ziel der Reise schon in Sicht. Nach einer knapp einstündigen Reise, wobei 1150 Höhenmeter überwunden wurden, trifft das PostAuto in Juf ein. Das kleine Dorf, welches sich zuhinterst im Talkessel befindet, bildet den Endpunkt der Linie 552. Die Ortschaft auf 2'126 Metern über Meer ist bekannt als höchste ganzjährig bewohnte Siedlung der Schweiz und angeblich sogar Europas. Juf gehört zu der Gemeinde Avers, die sämtliche Ortschaften und Weiler im gleichnamigen Tal umfasst. 

Im "Zentrum" von Juf, zwischen Dorfkiosk und Bauerbetrieb, wartet der Linienbus die kurze Standzeit ab
Im "Zentrum" von Juf, zwischen Dorfkiosk und Bauerbetrieb, wartet der Linienbus die kurze Standzeit ab

Vor dem Post-Dorfladen-Souvenirshop wendet das PostAuto und wartet auf seine Rückfahrt. In diesem Dorf am gefühlten "Ende der Welt" leben heute das ganze Jahr über noch rund 30 Einwohner, die aus sechs Walserfamilien stammen. Neben einigen Wohnhäusern gibt es hier oben auch eine kleine Beiz, mehrere Ferienwohnungen, ein Touristenlager sowie eine Poststelle mit integriertem Juf-Fanshop. Juf bildet Sommer wie Winter Ausgangspunkt zu wunderschönen Bergtouren in Richtung Splügen, Julier und San Bernardino sowie nach Maloja, Bivio oder ins Bergell.


Last Update: 19.11.2024
Zuletzt gereist: 08.02.2023